Das „Wandern“, nicht nur des Müllers Lust!
Die Völker durchlenzen
So besagt es ein symbolhaftes altes, leider selten gebrauchtes Wort; dazu erwähnenswert der bekannte Vers: Hurra, der Lenz ist da! Aber handeln dann nach der Devise: Einengen, nur langsam wieder erweitern. Denn das Bienenvolk braucht Wärme und nochmals Wärme! Ein ausgewintertes Volk ist noch lange kein Trachtvolk.
In der Regel werden die Völker auf zwei Zargen eingewintert, ansonsten nur in einem Raum. Bis zu zehn Waben müssen die Bienen gut besetzen, dann erhalten sie, jetzt im Frühjahr, eine weitere Zarge untergestellt. Bei Beuten, mit Kunststoff isoliert, dürfte es keine Unterkühlung geben, bei Holzbeuten, sofern das Wabenmaterial größer als DNM, ebenso nicht. Bei kleineren Rähmchenmaßen verlangt das Warmhalten in Holzbeuten schon mehr Fingerspitzengefühl. Der Imker, der eine Standimkerei betreibt, sollte mit dem Erweitern oder
mit der zweiten Zarge noch etwas warten. Alle Völker erhalten dann, wenn es soweit ist, im unteren Raum zwei Drohnenwaben, jeweils neben der Deckwabe. Dadurch wird die Königin bei erhöhtem Bruteinschlag förmlich nach unten gezogen. Zu viele Futter- oder geleerte Altwaben werden dem Volk entnommen und durch Mittelwände ersetzt, unter normalen Bedingungen zwei Mittelwände.
Die Obstblüte wartet
Nach langjährigem Mittel erfolgt bei uns um den 24. April die Wanderung mit den vorbereiteten Völkern in das über 200 km entfernte „Alte Land“ (westlich von Hamburg), zur Obstbestäubung. Für jedes angeforderte Volk erhält man eine Prämie. Es ist eine Mindestanzahl von 6 Brutwaben vorgeschrieben. Der Obstbauer kann die aufgestellten Völker unter Hinzunahme eines Sachverständigen kontrollieren. Es kommen Völker der mittleren Stärke in die Obstblüte, während schwach ausgewinterte Kleinvölker für die Erdbeerbestäubung eingesetzt werden. Stäubeschäden durch Insektizide u. a. kommen ganz selten vor, wenn, dann waren Hohlköpfe am Werk, die sind aber in jeder Branche zu finden.
Zumindest die stärksten Völker bleiben für die Zucht daheim. Die Bienen entwickeln sich in der Obstblüte im Allgemeinen sehr gut. So eine Honigernte – wie im letzten Jahr – ist aber selten. Oft gibt es noch Nachtfröste. Damit die Blüte nicht erfriert, werden die Bäume mit Wasser berieselt, ein selten schönes Schauspiel. Der so genannte Eispanzer schützt die Blüten. Meinen Honig aus dem Alten Land habe ich im letzten Jahr am Bieneninstitut untersuchen lassen. Man denkt ja, es kann nur reiner Obsthonig sein. Falsch gedacht. Nach der Sortendeklarierung des D.I.B. ging der Honig als „Frühtracht mit Obst“ an den Endverbraucher.
Im Zuge einer eigenen Qualitätskontrolle empfehle ich allen Wanderimkern, zumindest einmal im Jahr eine Honigprobe untersuchen zu lassen. Ich kann somit dem Verbraucher etwas vorlegen, was gut ankommt und auch Vertrauen seitens der Kundschaft erweckt. Während früher die Einteilung der Wanderplätze und Bienenvölker zentral durch den Obstbauversuchsring in York abgewickelt wurde, obliegt seit 1997 so ein Übereinkommen dem jeweiligen Obstbauer und Imker. Von ihnen werden die Bedingungen für eine Aufstellung der Völker vertraglich abgesprochen. Das hat Vorteile. Beide Vertragspartner können sich frühzeitig auf ihre Erwartungen einstellen, bis mindestens zwei Wochen vor der Einwanderung. Die Bestäubungstätigkeit des Imkers mit seinen Bienen ist eine Dienstleistung. Durch einen Vertrag ist sichergestellt, dass die Prämie, das Entgelt, bis zur Abwanderung da ist, wohin es gehört, auf das Konto des Imkers. Seit 1983 schon wandere ich in das norddeutsche Obstanbaugebiet. Meine Obstbauern stimmen immer dem Vertrag zu; er bringt ja gegenseitig Vorteile.
Ohne Genehmigung geht es nicht
Lange bevor die Wanderung mit den Bienen ansteht, werden die Anträge für die Wandergenehmigung gestellt. Ich kenne seit Jahren die Trachtschwerpunkte, die für mich in Frage kommen. Zeitig im Frühjahr, wenn die Witterung es zulässt, werden die Bienen untersucht und die Wandergenehmigung gleich fürs ganze Jahr eingeholt. Ich bin noch nie ohne Genehmigung, also „schwarz“, gewandert.
Sollte wirklich einmal überstürzt ein Verbringen der Bienenvölker anstehen, dann wird dieses mit dem Wanderwart abgesprochen und am Stand entsprechend vermerkt. Der Wanderantrag en bloc (im ganzen) kostet beim Veterinäramt auch nur eine einmalige Gebühr.
Und noch etwas, liebe Imkerfreunde: Es gibt Standplätze, die alljährlich von ein und demselben Imker genutzt werden, es sei denn, dieser Bienenfreund setzt durch Krankheit oder anders einmal aus. Hier sollte doch der Wanderwart entscheiden, ob der Standplatz vorübergehend in Anspruch genommen werden kann. Bei einigen Kollegen herrscht immer noch die Meinung vor, wer zuerst kommt, der malt zuerst. In solchen Fällen ist der Wanderwart als verlängerter Arm des Veterinärs gefragt. Kollegialität und vertrauensvolle Gegenseitigkeit müssen gewahrt werden!
Mit dem Vorstand zusammen
Eine Mitarbeit im Ortsverein sollte für jeden Imker selbstverständlich sein. Denn: Ein Vorstand ist nur so gut, wie es seine Mitglieder sind, der Verein nur so gut wie sein Vorstand! Dem muss man ohne Vorbehalte zustimmen. Oft ist es so, dass die Vorstandsposten von Mitgliedern mit den meisten Völkern besetzt werden. Umgekehrt müsste es der Fall sein, da die so genannten „Kleinimker“ möglicherweise mehr Zeit für die Vereinsarbeit haben. Ist man auf der Vereinsebene bzw. im Vorstand tätig, so hat man eine Verpflichtung gegenüber allen Mitgliedern, in jeder Hinsicht. Es kann nicht angehen, dass die anfallende Briefpost einfach in einen Schuhkarton wandert und Mitglieder gelegentlich gesprächsweise, vielleicht sogar erst vom Nachbarverein her, informiert werden. Mitteilungen des Kreis- oder Landesverbandes, vom deutschen Imkerbund und den Bieneninstituten können von erheblicher Wichtigkeit sein. Ich denke hier an Sammelbestellungen beim D.I.B., an EU-Unterstützungen und Versicherungsangelegenheiten, die über den Landesverband abgewickelt werden müssen, an Varroosebekämpfungsmittel über den Kreisverband u. a. Ich schließe den Berufs- u. Erwerbsimkerbund hiermit ein. Schließlich kommen deren errungenen Vorteile, die bei den Ministerien erreicht werden, auch uns zugute. Die Bewältigung dieser Arbeiten muss gerecht im Vorstand verteilt sein. Oftmals ist auch noch ein Lehrbienenstand zu betreuen, Filme und Bücher müssen verwaltet werden.
Mitglied zu sein ist Ehrensache
Und nicht zuletzt: Auch Schönes und Angenehmes sollte im Vereinsleben seinen Platz haben. In meinem Imkerverein sind das: Kohlessen, Grillabende, Adventskaffee, Ausflüge, Beteiligung an Ausstellungen, Buchvorstellungen, Körbeflechten. Selbst Umlarvtage, auch in Verbindung mit Nachbarvereinen, können durchaus einen geselligen Charakter haben.
Sie sehen, liebe Imkerfreunde, ein Vereinsleben hat ein breites Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten, das je nach Bedarf und Idealismus ausgebaut werden kann. Ich treffe immer wieder auf Imker, die schon mehrere Jahre Bienen halten, aber nicht Mitglied im Verein sind, geschweige eine Bienenzeitung abonniert haben. Dazu möchte ich folgendes sagen:
Der Beitrag für meinen Imkerverein kostet minimal. Für jedes angemeldete Bienenvolk wird ei „Obolus“ kassiert.. Dafür bin ich dann rundum versichert. Auch dafür, wenn mir jemand bei der Arbeit hilft und er wird verletzt, oder wenn es mal Brand- oder Frevelschäden gibt. Zudem erhalte ich bei Bedarf Rechtsbeistand. Bei 10 Bienenvölkern kostet das alles zusammen nicht mal einen Karton Honig. Übrigens ist in der Bienenhaltung in einigen Fällen der Imker nachweispflichtig und nicht wie sonst in der Rechtsprechung üblich der Kläger. Auch darüber sollte einmal nachgedacht werden und ob es neben finanziellen Erwägungen vielleicht nicht doch nur abzubauende persönliche Vorbehalte sind, eine Mitgliedschaft im Verein zu ignorieren.
Geben Sie bitte Ihre Überlegungen an Ihre Kollegen weiter, schließlich haben wir alle etwas davon.